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Anglizismus polarisiert: Neuer Name für Kasseler Museumslandschaft erntet heftige Kritik

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Die Museumslandschaft Hessen Kassel heißt bald „Hessen Kassel Heritage“. Den neuen Namen finden nicht alle gut. Dabei spricht einiges für den Begriff.

Kassel – Die ersten Reaktionen auf die Umbenennung der Museumslandschaft Hessen Kassel (MHK) in „Hessen Kassel Heritage – Museen, Schlösser, Parks“ fallen durchweg negativ aus. „Denglisch soll also Internationalität ausdrücken? Ich lach mich schlapp“, schreibt ein Leser auf HNA.de. „Toll, wir nehmen ein englisches Wort und werden jetzt voll cool“, heißt es bei Facebook. Und auf Instagram merkt ein Nutzer an: „Umbenennungen kosten in der Regel nur Geld und bringen keinen wirklichen Nutzen. Beibehaltung wäre deutlich nachhaltiger.“

Für Johannes Goetze kommt dieses Urteil nicht unbedingt überraschend. Der Eigentümer der Kasseler Agentur Dorfmeyster hat für die MHK den neuen Markennamen entwickelt. Der 34-Jährige sagt: „Der neue Name ist mutig, aber dieser Schritt ist richtig und wichtig.“

Hessen Kassel Heritage: Neuer Name soll „ein größeres kommunikatives Problem lösen“

Nach HNA-Informationen wurden der MHK mehrere Alternativen vorgestellt. Letztlich entschieden sich die Verantwortlichen für den englischen Begriff. Weder bei Dorfmeyster noch bei der MHK will man dies bestätigen.

Die nun vorgestellte Variante soll laut Goetze „ein größeres kommunikatives Problem lösen“. Bislang habe zu sehr die Hauptmarke im Vordergrund gestanden. In Kassel sage aber niemand: „Morgen gehen wir in die MHK.“ Vielmehr gehe man in das Schloss, den Bergpark Kassel-Wilhelmshöhe, die Karlsaue oder das Landesmuseum. „Die MHK umfasst ja sehr viele Einrichtungen“, sagt Goetze: „Das ist allenfalls mit Institutionen wie der Stiftung Preußischer Kulturbesitz zu vergleichen.“

So sieht das neue Logo von „Hessen Kassel Heritage“ aus: Der Name soll nicht mehr im Mittelpunkt stehen. Er schmückt aber auch Blöcke, die bei der Pressekonferenz am Mittwoch verteilt wurden. Unser
So sieht das neue Logo von „Hessen Kassel Heritage“ aus: Der Name soll nicht mehr im Mittelpunkt stehen. Er schmückt aber auch Blöcke, die bei der Pressekonferenz am Mittwoch verteilt wurden. © Anna Weyh/Andreas Fischer/MHK

Gerade die Parks, die Kassel laut dem Dorfmeyster-Chef besonders machen, tauchten im bisherigen Namen nicht auf. Zudem, so lautet das Urteil des Markenexperten, „wurde die MHK als etwas unnahbar wahrgenommen“.

Kassel: Umbenennung überzeugt Verein Deutsche Sprache nicht

„Hessen Kassel Heritage“ soll nun eine visuelle Klammer und eine Art Qualitätssiegel werden. Die einzelnen Standorte sollen in den Vordergrund rücken. Heritage ist für Goetze nicht nur ein guter Begriff, weil er für das internationale Publikum verständlich ist, sondern weil er zum einen für Erbe steht, also auch für das Unesco-Welterbe, zum anderen aber auch „für die geistigen Werte und das Vermächtnis, die man mit den Schätzen in Kassel verbindet“.

Normann Günther kann all das nicht überzeugen. Der Kasseler Unternehmer ist Regionalleiter des Vereins Deutsche Sprache (VDS), der viele Jahre den Kulturpreis Deutsche Sprache in Kassel mit verliehen hat. Kritiker werfen der Organisation Deutschtümelei vor, weil er immer wieder Denglisch und auch das Gendern anprangert. Die VDS-Sprachschützer sprechen aber vielen aus dem Herzen. Günther findet den neuen Namen bedenklich, weil sich damit ein Trend unnötiger Anglizismen fortsetze. Die Unesco vergebe ja nicht nur Welterbe-Titel wie den für den Bergpark, sondern setze sich auch für den Schutz der Muttersprache und Sprachenvielfalt ein.

Hier sieht es für Günther nun so aus, „als würde die deutsche Sprache nicht zum Heritage, übersetzt Erbe, gehören. Selbst viele Leute mit Schulenglisch werden den Begriff nicht verstehen. In Frankreich und Spanien käme so ein Name niemandem in den Sinn.“

Hessen Kassel Heritage: Verein Deutsche Sprache fordert „mehr Selbstbewusstsein“

Günther hätte einen Namen wie „Hessen Kassel Welterbe – Schlösser, Parks und Gärten“ gut gefunden. Zudem fordert er: „Man muss mehr Selbstbewusstsein für die deutsche Sprache haben, gerade auch als staatliche Institution.“ Die Kosten für die Umbenennung kann die MHK auf Anfrage nicht benennen. Dafür gebe es kein festgelegtes Budget, teilt Sprecherin Lena Pralle mit:  „Das Rebranding ist ein langfristiger Prozess.“

Ein langfristiger Prozess könnte auch nötig sein, bis sich Hessen Kassel Heritage und die intern verwendete Abkürzung HKH statt MHK eingeprägt haben. (Matthias Lohr)

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